Lernen und Weiterbildung im betrieblichen Kontext erfährt einen Wandel. Seminare und Schulungen sind out. eLearning, Blended Learning, Gamification, Workplace Learning, Social Learning und vieles mehr treiben die PE-Szene um. Immer mit dem Ziel, Weiterbildung arbeitsplatznäher, individueller und spezifischer für die Mitarbeiter zu gestalten und damit die Effizienz der Lernprozesse zu steigern. Doch statt die Lernformate immer weiter zu optimieren, wird das Wesentliche aus dem Blick verloren: der Mitarbeiter.
All die neuen Formate und die dahinter steckenden Ziele erfordern nämlich eines: Die Mitarbeiter müssen deutlich mehr Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen als bisher. Das fängt bei der Motivation an, geht über das Management des Lernprozesses bis hin zur eigenen Erfolgsevaluation. Nicht umsonst wird inzwischen von Employee-Led Learning (Jane Hart 2016) oder Ownership of Learning (OEB 2016) gesprochen. Doch wurden die Mitarbeiter in die Entscheidung über den Wandel und seine Gestaltung mit einbezogen?
In einer Studie der Hochschule für angewandtes Management mit der Vodafone Stiftung wurden in 2016 über 10.000 Mitarbeiter zu ihren Einstellungen und Kompetenzen in Bezug auf selbstgesteuertes Lernen befragt. Erfreulich: 98% wissen, dass lebenslanges Lernen wichtig ist und über zwei Drittel der Mitarbeiter möchten mehr Verantwortung für das eigene Lernen übernehmen. Allerdings setzen sich zum Beispiel nur etwa ein Drittel der Mitarbeiter konkrete Lernziele und rund 75% der Befragten geben an, ein niedriges oder kein Durchhaltevermögen beim Lernen zu haben.
Diese und weitere Erkenntnisse der Studie zeigen, dass der Wille da ist, es aber an den Kompetenzen zur Umsetzung mangelt. Auch wird die Unterstützung der Mitarbeiter durch die Personalabteilung und Führungskräfte als sehr ausbaufähig angesehen. Nur 9% der Befragten attestieren ihren Führungskräften eine gute Unterstützungsleistung und lediglich 8% schätzen die Lernkultur in ihrem Unternehmen als sehr gut oder gut ein.
Hier sollte der Fokus der Personalentwicklung liegen: Mitarbeiter zu befähigen, selbstgesteuert zu lernen, eine Kultur der lernenden Organisation aufzubauen und Führungskräfte in der Rolle des Lerncoaches zu unterstützen. Erst dann macht es Sinn, die Formate weiter zu professionalisieren.
Prof. Dr. Nele Graf ist Professorin für Personal und Organisation an der Hochschule für angewandtes Management in Berlin und forscht dort als Leiterin des CompetenceCentre for Innova-tion & Quality in Leadership & Learning (CILL) zur Zukunft der Personalentwicklung, Führen von Teams und Lernkompetenzen. Zudem ist sie Geschäftsführerin der Mentus GmbH.
HRtrends-Tipp: Prof. Dr. Nele Graf hält am 25.1.2017 auf der LEARNTEC 2017 den Vortrag „Immer auf den Mitarbeiter: Wie wir Mitarbeiter unterstützen können, modernes Lernen erfolgreich zu realisieren“. Mehr Infos zur LEARNTEC 2017